Variationen über politische Botschaften
Zuletzt aktualisiert: 20.04.2011 um 20:08 UhrKommentare
Christopher Hinterhuber brillierte in der List-Halle.
GRAZ. Mit einem iPad anstelle gedruckter Noten als Gedächtnisstütze wagte sich der Pianist Christopher Hinterhuber beim „Psalm“-Festival erstmals an einen der monumentalsten Klavierzyklen der jüngeren Moderne. Mit souveräner Technik, zwingender Disposition und enormer Gestaltungskraft spannte er die 36 Variationen, die der Amerikaner Frederic Rzewski 1976 über Sergio Ortegas „El pueblo unido“ komponiert hat, in einen gewaltigen Bogen. Rzewskis artifizielle Kunstfertigkeit, Tonalität und Atonalität, Minimal Music und Avantgardetechniken zu vereinen, kam in seiner differenzierten, kontraststark die unterschiedlichen Charaktere der einzelnen Variationen unterstreichenden Interpretation, die von der Möglichkeit, nach der 36. Variation eine bis zu fünf Minuten lange Kadenz einzubauen, nicht Gebrauch machte, wunderbar zur Geltung. Ebenso deutlich aber auch das ethisch-humanistische Bekenntnis dieses Zyklus, die politische Botschaft, auf die zuvor ein Film hingewiesen hatte: Ortegas Protestlied „El pueblo unido“ war das musikalische Symbol des chilenischen Widerstandes gegen das Regime Pinochet.
Nicht minder bravourös hatte Hinterhuber den Abend am Fazioli-Flügel mit einer anderen Hymne an die Freiheit, mit Ludwig van Beethovens „Eroica“-Variationen begonnen.